Meienberg Das Oberfreiamt hat einen neuen Kranzschwinger. Der 21-jährige Linus Rogenmoser krönte seine bislang beste Saison mit dem Gewinn seines ersten Eichenlaubs. Und dies, obwohl er als Kind das Sägemehl nicht leiden konnte.

EVELYNE HEEB

Ein besonderer Morgen. Nicht alle Tage hat man einen Schwinger zu Gast. 179 Zentimeter gross, 110 Kilogramm Wasserverdrängung. Muskelberge wie ein Boxer. Doch der junge Sportler wirkt, als könne er keiner Fliege etwas zu leide tun. Die Wespe, die um ihn herumschwirrt, erduldet er zumindest ohne mit der Wimper zu zucken. Rogenmosers besonnene, sympathische Art zieht einem sofort in seinen Bann.

Fussball war Trumpf
«Als Siebenjähriger konnte ich Sägemehl nicht ausstehen», beginnt der Meienberger schmunzelnd von seinen ersten Versuchen im Schwingkeller zu erzählen. «Überall kitzelte und kratzte es, das war damals überhaupt nichts für mich.» Viel lieber spielte der Jungspund Fussball. Mit seinen Freunden jagte er beim FC Sins dem runden Leder hinterher. Unter anderem gemeinsam mit dem heutigen FC Luzern-Profi Lars Villiger. «Dass Lars mit etwas mehr Talent am Ball gesegnet ist wie ich, stellte sich allerdings schon früh heraus», sagt er lachend.

Von den Nachbarn inspiriert
Es war dann sein jüngerer Bruder Jan, der ihn wenige Jahre später noch einmal ins Sägemehl lockte. Mit der berühmten Schwingerfamilie Betschart im Nachbarshaus führte kein Weg am traditionsreichen Nationalsport vorbei. Die Erfolge von Leo Betschart, seines Zeichens Unspunnensieger 1981, sowie von Edwin Betschart, 22-facher Kranzgewinner, inspirierten die Primarschüler. Edwin nahm die beiden unter seine Fittiche und lehrte ihnen erste Schwünge im eigenen Schwingkeller, bevor sie dem Schwingclub Cham-Ennetsee beitraten.

Sport und Beruf vereinen
Das Training und die Ausbildung zum Sanitärinstallateur bei der Marcel Küng Haustechnik GmbH in Beinwil brachte der bodenständige Sportler wunderbar unter einen Hut. Alles lief rund, auch nach Abschluss der Lehrzeit. Er blieb seinem Arbeitgeber treu und unterschrieb einen Vollzeitvertrag. Nebenbei schrieb er weiter an seiner sportlichen Erfolgsgeschichte und intensivierte den Trainingsaufwand. Vier bis fünf Einheiten pro Woche, abwechselnd im Schwingkeller und im Kraftraum. Erste Erfolge stellten sich ein. Doch dann warf ihn im Juli 2022 ein Trainingsunfall zurück.

Verletzung und Zwangspause
Die ernüchternde Diagnose: Meniskusriss. Operation. Zwei lange Monate ging der damals 19-jährige an Krücken, haderte mit dem Schicksal und fiel mental in ein Loch. «Ich hatte Angst, nie mehr Schwingen zu können. Dieses Gefühl der Machtlosigkeit kannte ich nicht.» Doch Rogenmoser fing sich wieder und kämpfte sich zurück. Rückblickend kann er dieser schwierigen Zeit auch viel Positives abgewinnen. «Ich begann, viel intensiver auf meinen Körper zu hören. Gestaltete gewisse Trainings anders oder liess nach einem harten Arbeitstag auch mal eines sausen. Zudem entdeckte ich das Velofahren als Ausdauereinheit für mich.»

Höhepunkt der bisherigen Karriere
Bereits die vergangene Saison lief gut für den Oberfreiämter, und er war mehrmals nahe dran am ersten Kranzgewinn. Nur die besten 15 bis 18 Prozent der Teilnehmer eines Kranzfests werden mit dem begehrten Eichenlaub ausgezeichnet. «Doch da geht noch mehr», spürte er. Und er sollte Recht behalten. Am 5. Mai dieses Jahres war er da, der grosse Tag des Rogenmoser Linus. Das Drehbuch hätte es schöner nicht schreiben können. Am heimischen Kantonalen in Cham sicherte er sich seinen ersten Kranz. Vor über 4’000 Zuschauenden, vor Freunden, Familie und Arbeitskollegen, die ihn den ganzen Tag über frenetisch von der Tribüne aus anfeuerten. «Diese Emotionen waren gewaltig. Freude, Erleichterung, alles kam zusammen.» Es sei unglaublich gewesen zu spüren, wie viele Leute mit ihm mitfieberten. «Das Telefon lief heiss. Ich benötigte tags darauf mindestens eineinhalb Stunden, um alle Gratulationen zu beantworten.»

Keine Eintagsfliege
Bereits eine Woche später, am Schwyzer Kantonalschwingfest in Galgenen, gelang ihm die Bestätigung mit dem zweiten Kranzgewinn. «Vom Gefühl her war dieser Erfolg fast noch schöner. Ich konnte ohne Druck aufschwingen, musste nichts mehr beweisen.»

Damit liess er kritische Stimmen verstummen, die ihn immer wieder fragten, ob er nicht zu klein sei für den Schwingsport. «Natürlich bringe ich nicht die gleichen körperlichen Voraussetzungen mit wie die Hünen Samuel Giger oder Pirmin Reichmuth. Da wirken ganz andere Hebel.» Doch ein Joel Wicki beispielsweise sei nicht viel grösser, genauso wenig wie sein Idol, Schwinglegende Hans-Peter Pellet. Von ihm schaut er sich regelmässig Videos an und holt sich die Gewissheit, dass auch kleine Schwinger Grosses erreichen können.

Auf zu neuen Zielen
Und von Grossem träumt der Neukranzer. Im August 2025 findet das Eidgenössische Schwing- und Älperfest im Glarnerland statt. Da wäre er zu gern mit dabei und setzt alles daran, um sich zu qualifizieren. Zwei Kranzgewinne wie in diesem Jahr würden reichen. «Aber in der kommenden Saison beginnt alles wieder bei Null», ist er sich bewusst. Doch der Traum lebt. Der Traum eines Tages ein ganz Böser zu sein.

Sympathischer Schwinger auf Weg nach oben

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